Zeitungsausschnitt Weser Kurier

 

 

 

Schwelgen in Erinnerungen: Die erwachsenen Pfadfinder um Manfred Bosse (l.) und Charly Finke (r.). (Björn Hake)


Einmal Pfadfinder, immer Pfadfinder – das steht für die Frauen und Männer aus ganz Deutschland fest, die noch bis diesen Dienstag in Dauelsen zu Gast sind. Obwohl sie ihre aktive Pfadfinderzeit (bis Mitte 20) längst hinter sich gelassen haben, fühlen sie sich auch noch im mittleren und höheren Erwachsenenalter dem Pfadfindergesetz und Pfadfinderversprechen verpflichtet. „Vor 50 Jahren wurde der Verband Deutscher Altpfadfinder-Gilden (VDAPG) gegründet“, erläutert Verbandsvorsitzender Helmut Reitberger aus Brandenburg, was die „Altpfadis“ in den Verdener Sachsenhain führt – nämlich gleich ein doppelter Grund zum Feiern. Denn: Auch die Zentralgilde, die sich damals kurz vor dem Verband gegründet hat, begeht in diesem Jahr nämlich ihr 50. Bestehen. Gildensprecher Charly Finke lebt in Bruchhausen-Vilsen. „Die Zentralgilde gehört dem Dachverband der Deutschen Altpfadfinder-Gilden an. Bei uns sind die Altpfadfinder Mitglied, die sich nicht örtlich organisieren können“, erläutert der Luftkurortler.
Über einhundert Altpfadfinder aus der gesamten Bundesrepublik sowie Gäste aus Belgien, Österreich und Polen sind bereits am Freitag nach Verden gereist, um das große Doppel-Jubiläum vor der malerischen Fachwerk-Kulisse im Sachsenhain zu begehen. Sie wurden schon von den Jungspunden – den heutigen Aktiven vom Verdener Stamm Amelungen – durch den Dom und das Pfadfinderheim am Klusdamm geführt. Ein ökumenischer Gottesdienst in der Kapelle auf dem Gelände des Jugendhofs durfte am Sonntag ebenso wenig fehlen wie eine Exkursion auf eigene Faust in die nahe Hansestadt Bremen. Für diesen Montag, 30. Oktober, sei zudem noch ein Ausflug in die Seestadt Bremerhaven geplant – samt Besuch des dortigen Auswanderer- und Klimahauses, erzählt der Dörverdener Manfred Bosse. Er ist Sprecher der Verdener Altpfadfinder-Gilde Störtebeker. Bundesweit sind viele Altpfadfinder-Gilden Träger der Pfadfinderhäuser. Das Verdener Pfadfinderheim am Klusdamm wird hingegen vom Freundeskreis der Verdener Pfadfinder getragen. Politisch vereinnahmen haben sich die deutschen Pfadfinder nie lassen. „Wir sind immer neutral geblieben“, berichtet Helmut Reitberger von den Kontroversen innerhalb der 1968er-Bewegung.
Auch im fortgeschrittenen Alter engagieren sich die „Altpfadis“, deren Altersspanne sich von Mitte 20 bis Mitte 90 erstreckt – noch immer im sozialen oder kulturellen Bereich. So reist Manfred Bosse beispielsweise mit seinen Pfadfindern ins Baltikum, um den osteuropäischen Nachbarn beim Aufbau der dortigen Gilde zu unterstützen oder sie engagieren sich humanitär im ostafrikanischen Kenia. „In einem Dorf am Victoriasee haben wir gemeinsam mit den Altpfadfinder-Gilden aus Italien und Liechtenstein einen Fußballplatz angelegt“, blickt der Dörverdener zurück. Lebten früher nur rund 3000 Menschen in dem afrikanischen Dorf, sei die Anzahl der Einwohner dort inzwischen auf gut 15 000 angestiegen. Am humanitären Engagement der Altpfadfinder zeige sich, dass die von der Politik momentan viel diskutierten Fluchtursachen auch mit kleineren Hilfs-Projekten bekämpft werden könnten, betont VDAPG-Vorsitzender Helmut Reitberger. Genauso wie Charly Finke und dem früheren Dörverdener Ordnungsamtsleiter Manfred Bosse ist Reitberger jemand, der durch seine Mitgliedschaft bei den Pfadfindern sozialisiert wurde. Bereits als Wölfling, werde einem Nachwuchs-Pfadfinder das vermittelt, worauf es später im richtigen Leben ankomme: Erziehung zur Toleranz und zum Gemeinsinn. Darüber hinaus könnten handwerkliches Geschick und das Wissen, mit einfachen Mitteln in der Natur überleben zu können, niemandem schaden. „Außerdem ist man als Pfadfinder auch immer gleich Teil einer Weltorganisation“, ergänzt Helmut Reitberger.
Beim gemeinsamen Singen mit den Verdener Pfadfindern vor dem Feuer und in der Jurte (Zelt) ist den Frauen und Männern von den Erwachsenen-Gilden wieder einmal ganz warm ums Herz geworden: Wie gern denken sie schließlich an ihre eigene aktive Zeit zurück. „Einmal Pfadfinder, immer Pfadfinder“, dieses Sprichwort hat sich beim großen Doppel-Jubiläum im Evangelischen Jugendhof Sachsenhain einmal mehr bewiesen.